top of page
Search

Rückzug in die Bedeutungslosigkeit

Writer: Matthias Mueller da MinusioMatthias Mueller da Minusio

Kunst lebt davon, dass sie von einem Publikum rezipiert wird. Sie entsteht im Privaten und Persönlichen, will und muss sich aber in den öffentlichen Raum bewegen. Der oder die Künstler:in ist im Entstehungsprozess ganz frei – heute so oder so. Tritt Kunst aber in die Intersubjektivität und Sozialität, wird die hehre künstlerische Freiheit arg gebeutelt. Frührer in monarchistischen Gesellschaften und heute noch in diktatorischen Regimen droht dem:r Erschaffenden gar Gefängnis bis Tod.


In unseren (noch) aufgeklärten Gesellschaften ist dem zum Glück nicht so. Die Machtmechanismen sind subtiler. Heute wird der oder die aufmüpfige und querdenkende Künstler:in mit Nichtbeachtung bestraft. Dabei ist es weniger die politische Macht, die lenkt. Es ist viel mehr die Blase resp. das System (Luhmann), das seine Gruppenzusammengehörigkeit, die von Privilegien unterstützt wird, damit zu erhalten glaubt, Andersdenkende und Infragestellende vor geschlossene Türen zu setzen. Draussen ist es kalt und es geht an die Substanz und Existenz, die als Künster:in eh sehr prekär sind.


Das Rampenlicht ist für eine:n Künstler:in nicht nur mit persönlicher Genugtuung verbunden, die Anerkennung der Wichtigkeit und Qualität einer Arbeit entscheidet auch, ob Weiteres überhaupt entstehen kann, resp. ob ein sich entwickelndes Werk überhaupt erschaffen werden kann. Die Geschichte zeigt, dass Künstler:innen aus eigenem Antrieb und Willen handeln und auch gegen widerliche Widerstände anschreiben oder -komponieren. Das Schicksal eines Franz Schubert zeigt aber, dass die menschliche Psyche und so dann auch die physische Gesundheit das nicht lange aushalten. Er starb mit 31 Jahren. Die Beispiele Schumann und Mahler zeigen auch, dass ohne ein Mindestmass an Anerkennung, die künstlerische Psyche grossen Schaden erleidet. Diese psychosomatische Sichtweise erlaube ich mir hier. Psychische Krankheiten, wie bei Schumann lassen sich auch rein intrinsisch erklären – für mich greift das zu kurz. Mahler war als Operndirigent 10 Jahre in Wien geduldet, bevor er schmäh nach New York fliehen musste. Seine physische Krankheit war angeschlagen und dass New York trotz seiner Erfolge dort für einen Österreicher aus der kulturellen Hochburg Wien kommend nicht einfach – sprich auch gesundheitsfördernd war – ist evident. Er musste schwerkrank zurückkehren und starb. Natürlich hätte die heutige Medizin hier geholfen und den Tod wohl verhindert. Aber die These, dass ein:e Künstler:in auf eine gesunde Resonanz angewiesen ist, die ihm auch die Lebensgrundlage bietet, wird bestätigt.

Gerne schauen die gebildeten Kunstliebhaber:innen, die auf ein festes Einkommen zählen können, in die Kunstgeschichte und im Falle der Musik, lesen sie sich an den Schicksalen der Genies der Vergangenheit satt. Auf die Idee zu kommen, mal zu schauen wie es heute steht für lebende Tonschöpfer:innen, kommen die wohlig situierten Unternehmer:innen, Anwält:innen, Manager:innen, Festangestellte:n etc. nie. Die Lage ist in der Musik aus einem Grunde auch nicht mehr prekär: Es gibt die Musikprofessur, die ein materielles Auskommen ermöglicht. Bekommt man diese nicht, was nicht immer mit Qualität zu tun hat, wird es sehr heikel. Lebens- und schaffenseinschränkender Unterricht auf voruniversitärer Stufe ist möglich oder Fremdeinkommen, wie z.B. die Organisationstätigkeit, können Abhilfe verschaffen, lassen aber profesionelles Künstlertum eigentlich nicht zu.


Ich bin nur noch Komponist und auch Musiker, weil ich mit 29 das Glück hatte, meine Traumprofessur zu erhalten, mir erblich etwas Geld zur Verfügung steht und die hervorragende Medizin, mir über die Klippen hilft. Das Leben als Schweizer Komponist in der Schweiz ist ein Trauma. Warum es gerade in der reichen und kunstliebenden Schweiz besonders traumatisch ist, kann ich hier nicht weiter ausanalysieren. Die Nationale Komponente ist auch nur das Eine. Dass die Komposition im Moment zu einer bis aufs äusserste bedrängte Künstlerexistenz führt, ist ein internationales Phänomen und beruht sowohl auf Selbstverschulden der Komponist:innen, die sich seit über 100 Jahren in Europas künstlerischen Zentren gerne in ihre esoterischen Zirkel und geistig-goldigen Käfige zurückziehen, der interpretierenden Musikerfamilie, die sich lieber am Altbekannten erlabt, als den mühsameren Weg der Suche nach Neuem und der Gestaltung der Zukunft Ausschau hält - aus der Arroganz und Ignoranz der mächtigen Musikverwalter, denen es in erster Linie ums einfache Geldverdienen geht – und natürlich auch dem Publikum, das in der grossen Masse lieber Sirup und Bekanntes in die Ohren geträufelt bekommt, als Musik als Kunst der geistigen Auseinandersetzung zu verstehen. Diese ist eine oberflächliche Pointierung einer präziseren Analyse, die ich in meinem Buch Die Avantgardefalle vorgenommen habe.


Dass ich es dabei nicht belasse und auch kämpferische Töne nun schreibend und diskutierend anstimme, bekam mein Umfeld seit wenigen Jahren zu spüren, das evtl. etwas überrascht wurde, weil ich 30 Jahre zum Selbstschutz im kulturdiktatorischen Umfeld Schweiz, schweigen musste. Wenn man mal nichts mehr zu verlieren hat, kann man getrost auch seine Feder spitzen. Sicherheitshalber habe ich mich aber bereits ins komponierende Exil im Tessin begeben – künstlerische Arbeit braucht bekanntlich ja Ruhe und viel Zeit.


Um doch ein Mindestmass an klanglichem Erlebnis zu haben, habe ich nun meinen Rückzug in die Bedeutungslosigkeit offiziell angetreten. Ich kann nur im privaten mir zur Verfügung stehenden Raume Konzerte machen und sie für die Öffentlichkeit für zugänglich erklären. Es geht nur, weil meine treuen hervorragenden Mitmusiker:innen bereit sind, für die Kunst und nur für sie alleine, Ausserordentliches zu leisten.

Meine sarkastischen und indirekt provokativen Facebookeintragungen und Infragestellungen verpuffen ungehört, mein Blog, zu dem dieser Text gehört, versinkt im Nichts, da mache ich mir keine Illusionen. Kunst ist für mich schon lange alleine eine Lebensform des Trotzes. Was mich schon noch zu erstaunen vermag, ist, wie die Obrigkeiten der Kulturmacht, nicht einmal zu Antworten auf Schreiben und Anfragen, die ganz sachlich und in Mozartschem Tone der Anständigkeit gehalten sind, zu bewegen sind. Sind das Anzeichen einer Dekadenz der Einbunkerung der Mächtigen? Leider auch bei uns, wenn auch subtiler?


27.4.2023 Matthias Mueller da Minusio


 
 
 

1 comentario


Invitado
02 may 2023

Lieber Matthias. Spannender Artikel. Meiner Meinung nach gibt es "die Mächtigen" nicht. Die (Kultur-) Welt ist divers und unglaublich vielfältig geworden. Die häufig banalisierte Medienwelt gibt zusätzlich noch ihren Senf dazu. Dementsprechend sind auch die Haltungen zu musikästhetischen Fragen unglaublich divers. Darauf werden längerfristig auch die "Bewahrer der klassischen Pfründe" reagieren müssen oder tun dies bereits....

Me gusta

trio d'arche

Chamber Music

Clarinet, Oboe, Bassoon

Tournesol

Solo/Unaccompanied

Piano

Tournesol

Solo/Unaccompanied

Piano

Cosmopolitan Trio

Chamber Music

Bassclarinet, Cello, Piano

Nostalgia

Orchestra, Solo

Clarinet, Orchestra

Octet

Chamber Music

Clarinet, Basson, Horn, Stringquartet, Contrabass

all'arabesque

Chamber Music

Clarinet, Bassoon, Piano

a Cellist in Paris

Electronics

Cello, Electronics

Evolution 2.0

Chamber Music

Bassclarinet, Percussion, Electronics (optional)

Le Nozze della Donna Giovanna

Solo/Orchestra

Clarinet, Orchestra

Mozette

Chamber Music

Duo optional, Oboe, Clarinet, Bassettclarinet, Cello, Basson, Bassclarinet

Piccolo Concerto Grosso

Chamber Music, orchestra

2 Clarinets (optional Bassettclarinet), Orchestra

The Swiss Song Medley

Pedagogy

Clarinet Ensemble

A Cellist in Paris

Solo/Unaccompanied

Cello, Electronics, SABRE

L'Homme et la Mer

Chamber Music

Clarinet, Voice

Deuxiéme Rhapsodie en bleu

Solo/Unaccompanied, Orchestra

Clarinet, Orchestra, Electronics (optional)

la mer e(s)t le miroir

Chamber Music

String Quartet

inveniam viam

Orchestra

deus ex machina

Solo/Unaccompanied, Orchestra

Basson, Orchestra

Solo de Concours

Solo/Unaccompanied

Clarinet

Chronos

Opera

2 singers, 2 dancers, actor, ensemble of 13 musicians

Inter-Aktionen

Pedagogy

Clarinet Ensemble

Symbiose

Chamber Music

Violin, Cello

Verflechtung

Chamber Music

Clarinet, Bassflute, Violine, Percussion

Vergehen

Chamber Music

Clarinet, Violin, Piano

Lieta

Chamber Music

Flute, Oboe, Clarinet, Bassclarinet, Basson, Horn

Solotromp

Pedagogy

Trumpet, Piano

Ikarus

Chamber Music

Flute, Clarinet, Percussion, Accordion, Electronics

Rabla

Chamber Music

Piano four hands

Rhapsodie

Solo/Unaccompanied

Flute

cinque pièce

Chamber Music

Trumpet, Piano

Rhapsodie pour Flute

Solo/Unaccompanied

Flute, Piano

Meta(maur)phose

Chamber Music

Flute, Bass clarinet, Violin, Viola, Cello

Solo de Concours

Solo/Unaccompanied

Trumpet

Tierlieder

Pedagogy

Choir

Tutti 1

Chamber Music

Clarinet Ensemble

6 Etudes de Concert

Solo/Unaccompanied

Clarinet

Tnafele von Afrika

Pedagogy

Trumpet, Voice

Concerto

Solo/Unaccompanied, Orchestra

Clarinet, Orchestra

Jumping around

Solo/Unaccompanied

Clarinet

Perpetuum

Solo/Unaccompanied

Clarinet

Plain ondulé

Solo/Unaccompanied

Clarinet

Vals all'appogiatura

Solo/Unaccompanied

Clarinet

Hommage

Solo/Unaccompanied

Clarinet

Barbaro

Solo/Unaccompanied

Clarinet

Hommage a Igor

Solo/Unaccompanied

Trumpet

Vier Elemente

Solo/Unaccompanied

Violin

Basset-blue

Solo/Unaccompanied

Bassettclarinet in A

Der stolze Tiger

Pedagogy

Clarinet Ensemble

Danza irregolare

Solo/Unaccompanied

Clarinet

Games

Solo/Unaccompanied

Clarinet, piano

L'histoire de la clarinette

Chamber Music

Clarinet Ensemble

Sacre du diable

Pedagogy

Trumpet, Piano

Audition for Fun

Solo/Unaccompanied

Clarinet

Rhythmix

Pedagogy

Trumpet

Tutti 2

Chamber Music

Clarinet Ensemble

Tremolo

Solo/Unaccompanied

Clarinet

Till fantastique

Solo/Unaccompanied

Clarinet

BassoLog

Solo/Unaccompanied

Clarinet

Memories

Chamber Music

Flute, Clarinet, Alto-Saxophone, Piano

Memories

Chamber Music, Orchestra, Solo

3 Clarinet, Orchestra

Un petit Klezmertango

Solo/Unaccompanied, Orchestra

Clarinet, Orchestra

Un petit Klezmertango

Chamber Music

Clarinet Ensemble, Clarinette, Piano

Gauche

Solo/Unaccompanied

Clarinet

Bacharole

Chamber Music

Flute, Violine, Cello, Cembalo

Instrumental Songs

Chamber Music

Clarinet, Voice

Birthday-Music

Solo/Unaccompanied

Bassclarinet, Piano

en vitesse lente

Solo/Unaccompanied

Flute

European Anthemity

Chamber Music

Clarinet Ensemble

Jumping horse

Pedagogy

Cello

a good morning dream

Chamber Music

Clarinet, Bassclarinet

Arabesque

Solo/Unaccompanied

Clarinet

Approche

Orchestra

Fractal

Chamber Music

Flute, Bassclarinet, Violin, Cello

Syrinx und Faun

Music Theater

Flute, Bass clarinet, Dancer

M

Solo/Unaccompanied

Bass clarinet

FlutenFragenFlug

Solo/Unaccompanied

Electronics, Flute

Atacama

Chamber Music

Flute, Clarinet, Harp

Der Zauberturm

Pedagogy

Theatrical piece for children and mixed percussion

segeLion

Solo/Unaccompanied

Electronics, Bass clarinet

ZeitverkehrT

Chamber Music

Flute, Clarinet, Percussion, Contrabass, Electronics

Piece 1

Solo/Unaccompanied

Bass clarinet

montage visionaire

Electronics

Solo Electronics

Hexa

Solo/Unaccompanied

Piccolo flute

Shaba

Solo/Unaccompanied

Piano

Zako

Chamber Music

Flute, Oboe, Bass clarinet

Schischka

Chamber Music

Clarinet, Accordion

Xela

Chamber Music

Clarinet, Bassoon, Horn

dexa

Chamber Music

Optional Clarinet, Flute, Basson, Cello, Bassclarinet

Bassalp

Chamber Music

4 Bassclarinets, 4 Contrabass, 4 Alphorns (optional Trombone)

Marriage

Chamber Music

Flute, Bassclarinet, Violin, Cello

Peisinoe

Solo/Unaccompanied

Piano

Pentra

Solo/Unaccompanied

Clarinet, Piano

Schatnit

Solo/Unaccompanied

Bassflute

Seelenmeer

Music Theater

Flute, Piano, Actor

Taratango

Chamber Music

Cello, Piano

Duo carino

Chamber Music

Clarinet, Cello

Baxo

Chamber Music

Optional Clarinet, Flute, Basson, Cello, Bassclarinet

Rixi

Chamber Music

Optional Clarinet, Flute, Basson, Cello, Bassclarinet

Tarynx

Solo/Unaccompanied

Accordion

bottom of page